Übergang Waldkindergarten – Schule

Wie oft haben wir uns selbst gefragt, wie der Übergang vom Waldkindergarten in die Schule sein wird. Wilde Spekulationen vom typischen Zappelphilip bis zum Kind ohne Regelkenntnisse beherrschen die Foren. Aus diesem Grunde wollen wir von unseren eigenen Erfahrungen berichten.

In den ersten Wochen muss sich jedes Kind, egal aus welchem Kindergartenmodell es kommt, zunächst einmal an diese neue Schulsituation gewöhnen. Der Tagesablauf wird erklärt und eingeübt, das Gebäude mitsamt der Verhaltensregeln werden verinnerlicht. Hefte, Bücher und Hausaufgaben bekommen immer mehr Vertrautheit und der neue Zeitrhythmus wird langsam zur Routine.

Und dann sind da ja noch die ganzen neuen Kinder in der Klasse. Wer sitzt neben wem, was spielen wir in der Pause, wie kann sich das Kind im Schulhof behaupten, wenn es auch von größeren Kindern einmal verbal angegriffen wird. Wer hilft? Ups, jetzt bin ich oft auf mich alleine gestellt denn die eigene Klasenlehrerin ist nicht immer als Pausenaufsicht eingeteilt….

Es sind tatsächlich so viele neue Umstände, die müssen erst einmal verdaut werden. Aus diesem Grunde gilt auch hier der Grundsatz: Kinder brauchen Zeit – und jedes Kind braucht untesrchiedlich lange Zeit, um sich an eine völlig neue Situation zu gewöhnen, wir sollten ihnen diese Zeit geben.

Denken strengt an, jetzt muss etwas gelernt werden, zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort, unabhängig von Lust und Laune des Kindes. Das ist ein großer Unterschied zum vorherigen Lernvorgang, der meist ungeplant passiert und ohne konkrete Zielsetzung verläuft. Vielleicht ist diese Art der Anpassung auch schon ein Punkt, der von ehemaligen Waldkindergarten-Kindern zunächst als sehr einengend empfunden wird. Diese sind es gewohnt, einen großen Bewegungs- und Tätigkeitsradius zu haben und plötzlich wird das alles von einer Person, der Lehrkraft, vorgegeben. Das kann bei Kindern, die sich sehr gut selbst beschäftigen können und vor Phantasie und Kreativität strotzen, zu einer kleinen Sinnkrise führen. Es spricht wider ihrer eigenen Motivation und wurde durch den Besuch eines Waldkindergartens doch eher noch unterstützt.

Bestimmt gibt es einige Lehrer, die bisher noch kaum oder gar keinen Kontakt zu Waldkindergärten hatten. Da kommt schnell der Gedanke auf, dass das Kind nicht so an Regeln gewöhnt ist oder auch keinen Stuhlkreis kennt. Natürlich ist dies nicht der Fall. Kinder im Waldkindergarten hopsen ja nicht wie wilde Affen den ganzen Tag im Wald herum ohne Struktur und Gerüst aussen herum um sich zu haben. Ganz im Gegenteil, gerade Waldkinder sind klare Regeln gewohnt, da sonst ein Leben in der Natur gar nicht funktionieren kann. Letztlich sind wir Menschen Gast im Wald und haben uns diesem anzupassen, da kommt man ohne Regeln gar nicht aus. Auch gibt es klare Verhaltensregeln, denn der Wald birgt auch seine Gefahren.

In unserem Waldkindergarten wird täglich vorgelesen, ein Morgenkreis veranstaltet und gemeinsam gegessen. All dies findet  auf dem selbstgebauten Waldsofa statt und führt zu einer vergleichbaren Situation wie der Stuhlkreis in der Schule, nur eben auf Hölzern.

Was im Schulalltag natürlich ebenfalls für ehemalige Waldkinder viel zu kurz kommt, ist der Aufenthalt an der frischen Luft und ausreichend Bewegung. Auch wenn ein ausreichendes Sportangebot vorhanden ist, den stundenlangen Aufenthalt an der frischen Luft kann es niemals ausgleichen, da gibt es nichts zu leugnen. Wir Eltern sind nun gefragt, uns einen Ausgleich einfallen zu lassen.

Kinder werden erst während der Schulzeit zu Schulkindern und finden mit unserer Unterstützung als Eltern ihren eigenen Weg, mit den Anforderungen und neuen Situationen umzugehen. Ehemalige Waldkinder bringen einen großen Schatz an Eigenerfahrungen mit, das kann ihnen keiner mehr nehmen. Sicher sind sie zu Beginn der Schulzeit in gewisser Weise mehr gefordert, weil sie sich ganz einfach noch ein bisschen mehr umstellen müssen.

Aber: Herausforderungen sind dafür da, gemeistert zu werden und nicht, um daran zu scheitern – so wird sich auch da ein neuer Weg finden!

 

Viele Grüße aus dem Team,

Natalie